Wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

Der wirtschaftliche Fortschritt eines Gebietes hängt wesentlich mit dem Ausbau des Verkehrsnetzes zusammen. Da in der Talsohle die landwirtschaftlichen Anbauflächen weitgehend fehlten, der Anschluss an die wichtige Verkehrsader des Eisacktales aber gegeben war, entwickelten sich in den Fraktionen Kardaun und Blumau vornehmlich Erwerbszweige im Bereich Handel, Verkehr und Industrie. Die geografisch höher gelegenen und schwerer zugänglichen Fraktionen Steinegg, Gummer, Karneid und Breien waren zunächst auf eine autarke Landwirtschaft angewiesen. Nur wenige Betriebs- und Lebensmittel wurden käuflich erworben. Das Heimatmuseum in Steinegg bietet diesbezüglich einen authentischen Spiegel dieser Selbstversorgung in den landwirtschaftlichen Betrieben. Der Bau der Zufahrtsstraßen nach Steinegg im Jahre 1969, der Gummererstraße Anfang der 70-er Jahre sowie der Ausbau der Karneider Straße und deren Verbindung nach Oberkarneid, Riedl und Steinegg im Jahre 1986 brachten für die Bergdörfer einen erheblichen Aufschwung. Infolge dieser erweiterten Strukturen ist jedoch ein erheblicher Rückgang der Landwirtschaft zu verzeichnen. Auf den Höfen lebten nicht mehr so viele Arbeitskräfte, viele fanden Arbeit im Dienstleistungssektor oder in der Industrie. Durch den Ausbau des Straßennetzes und der Schaffung eines öffentlichen Verkehrsdienstes konnten auch größere Distanzen zwischen Heimatort und Arbeitsstelle bewältigt werden. Aufgrund mangelnder landwirtschaftlicher Arbeitskräfte mussten so viele traditionelle Produktionszweige fast völlig aufgegeben werden, so etwa der Getreideanbau im Mittelgebirge. Die Trink- und Löschwasserversorgung in allen Haushalten, die man heute nicht mehr wegdenken kann, stellte in der Gemeinde Karneid aufgrund der geologisch-geografischen Gegebenheiten ein enormes Problem dar. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde zum Beispiel in Steinegg das Trinkwasser mittels Tankwagen des italienischen Heeres aufgefüllt, da die ortseigenen Quellen den Bedarf nicht mehr decken konnten. Erst mit der Erschließung einer geeigneten Quelle am Nigerpass sollte das Wasserversorgungsproblem gelöst werden können. Die bereits bestehenden Trinkwasserkonsortien der Fraktionen Gummer und Steinegg trieb die Projektierung und den Bau einer 58 Kilometer langen Wasserleitung mit drei großen Wasserspeichern voran. 1970 wurde das Bauwerk vollendet. Sechs Jahre später wurde die gesamte Trink- und Löschwasserleitung der Gemeindeverwaltung übergeben, die 1978 auch Karneid und einen Teil von Kardaun in das neue Wasserversorgungssystem einband. Im Herbst 2008 ist mit der Sanierung der Leitungsrohre in Steinegg begonnen worden.

Wichtige Meilensteine in der Bautätigkeit der Gemeinde stellte die Errichtung von Schulgebäuden in den einzelnen Fraktionen dar. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ab der Schulreform durch Kaiserin Maria Theresia 1774 in Privathäusern und in einzelnen Fällen im Widum Unterricht abgehalten. Es handelte sich um eine sogenannte Winterschule von Anfang November bis Ende April, der Schulbesuch war freiwillig. Für den Bau eines eigenen Schulgebäudes fehlten die nötigen Geldmittel. Die Fraktion Karneid markierte in Schulangelegenheiten den Anfang. Bereits 1800 wurde in Karneid das erste Schulgebäude errichtet, Ende des Jahrhunderts entstand ein zweites Schulhaus. Die Fraktion Steinegg hingegen konnte erst 1908 mit einem eigenen Schulgebäude aufwarten. 1981 wurde mit dem Bau der heutigen Grundschule Steinegg auf dem Areal des alten Schulhauses begonnen.

1912 erhielt Gummer ein Schulgebäude, das mit nur einem Klassenraum aber keineswegs den didaktischen und sanitären Vorschriften entsprach. Erst nach dem Amtsantritt von Bürgermeister Hans Mahlknecht konnte 1980 der Betrieb in einem neuen Schulgebäude aufgenommen werden. Die Schulreform vom Jahre 1963 machte auch den Mittelschulbesuch zur Pflicht, dies bedeutete für die Schüler der Gemeinde Karneid einen Schulweg bis nach Bozen. Während die Schüler aus Kardaun und Blumau die bestehenden Verkehrsverbindungen nutzen konnten, musste für die Schüler der restlichen drei Fraktionen erst der Ausbau der Zufahrtsstraßen in Angriff genommen werden. Erst mit Beginn des Schuljahres 1969/70 konnte die Schülerbeförderung aufgenommen werden. Die darauf folgende Schülerexplosion in den kulturellen Zentren machte den Bau weiterer Mittelschulen notwendig. Nach zähen Verhandlungen konnte 1983 in Blumau mit dem Bau einer eigenen Mittelschule für die Gemeinde begonnen werden. Aufgrund des Bevölkerungszuwachses in den letzten Jahrzehnten erfuhr die Schule neben der Loslösung vom Hauptsitz Albin Egger Lienz auch mehrere räumliche Erweiterungen.

Südtirol hat aufgrund des Autonomiestatutes primäre Gesetzgebungsbefugnis im Bereich der Kultur. Die gesetzliche Grundlage für die kulturelle Förderung stammt aus dem Jahre 1958 und wurde 1988 den veränderten Gegebenheiten angepasst. Im Zuge dieser Förderungspolitik sind auch in der Gemeinde Karneid Kultur- bzw. Vereinshäuser errichtet worden. Anfang der 70-er Jahre erhielt Blumau einen Vereinssaal mit Theaterbühne, 1980 Kardaun mit einer angrenzenden Feuerwehrhalle. Nachdem Gummer mehrere Jahrzehnte lang mit einem Mehrzweckraum Vorlieb nehmen musste, wurde im Sommer 1984 der Bau eines neuen Vereinshauses abgeschlossen. Das Vereinhaus von Steinegg, wie wir es heute kennen, besteht seit 1974.

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